Schräg, fromm und frei

In der Reihe „Aus Kirchen und Religionen" zeigt ARD EinsExtra einen Film von Tom Franke über die Kommunarden von Hartroda.
Die Hartroda-Kommune: Mit Hilfe der evangelischen Kirche wurde die Idee von einer christlichen Bruderschaft verwirklicht.

Im Jahr 1978 gründete der von Geburt an auf den Rollstuhl angewiesene Matthias Vernaldi und nicht behinderte Freunde eine Landkommune im thüringischen Hartroda. In der Ostthüringer Agrarsteppe fanden die Kommunarden einen Ort, den sie mit ihren Ideen füllen konnten. Kennengelernt hatten sie sich in einer sozialdiakonischen Einrichtung.

Selbst bestimmt leben

Nach Beendigung der 10. Klasse gab es für die Behinderten zwei Alternativen - zurück ins Elternhaus oder in ein Altenheim. Beides wollten sie nicht. Sie wollten frei und selbst bestimmt leben. So entstand die Idee einer christlichen Bruderschaft. Die evangelische Kirche unterstützte sie und stellte das verlassene Pfarrgehöft in Hartroda zur Verfügung.

Matthias Vernaldi lebt heute in Berlin. Der Film begleitet ihn in die Vergangenheit. Diese findet sich in der MfS-Akte "Parasit" minuziös wieder. Die Staatssicherheit bezeichnet die jungen Leute als "Ausputzertruppe", denen man lieber "ein Ende mit Schrecken" als "Schrecken ohne Ende" bereiten sollte.

Freiraum

Auch Matthias Schwestern Maria, ebenfalls an Muskelschwund erkrankt, und Claudia zogen in den 80er Jahren nach Hartroda. Die Eltern unterstützten die Freiheitssuche der Kinder. Ihr tiefer christlicher Glauben liess sie einen Umgang mit ihren Existenzängsten finden.

Claudias Familie lebt heute auf dem eigenen Bauernhof in Mecklenburg. Schon in Hartroda bewirtschaftete sie den Hof und trug so zur Versorgung der Kommune bei. Das Lebensmodell Hartroda basierte auf gemeinschaftlichem Eigentum. Die Renten der Behinderten finanzierten die nicht behinderten Pfleger mit.

Die Kommunarden von Hartroda waren "Schräg, fromm und frei". Ihr Lebensentwurf, geprägt vom christlichen Glauben, gab den Beteiligten Lebenskraft. In der geistigen Enge der DDR bedeutete das viel: einen Freiraum für selbstbestimmtes Leben.

Originaltitel: Gott und die Welt
Aus Kirchen und Religionen
Genre: Kirche + Religion
Länge: 30 Minuten
Sendedatum: Mittwoch, 16. September 2009, 00.30 bis 1 Uhr

Datum: 15.09.2009
Quelle: ARD

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