Janic Müller

Seine Inspiration: Nicht mehr Eminem, sondern Jesus

Janic Müller, 1,93 Meter, Spielmacher im Basketball, prämierter Thurgauer Schreinerlehrling, Rapper kurz vor dem Durchbruch, sagt heute: «Alles war ein Streben nach nichts.»
Janic Müller (Bild: Amen-Magazin)

Aufwachen, Musik hören. Frühstücken, Musik hören. Arbeiten, Musik hören. Nach Hause kommen, Musik hören. Das war mein Leben als Lehrling. 80'000 Songs nannte ich mein Eigen. Jede Minute füllte ich mit Musik. Entweder ich hörte sie, oder ich machte sie selbst.

Jeden Tag schrieb ich meine Rhymes (Raptexte), war gerade dabei, mein erstes Album zu produzieren, und gab immer mehr Konzerte. JMI, das war nicht nur die Abkürzung meines Künstlernamens Jay Miller. Rückblickendbetrachtet, könnte sie auch für «Janic, Myself and I» (Ich, ich und nochmals ich) gestanden haben. Musik war für mich alles, und deshalb war es mir nach bestandener Lehre auch egal, keinen Job zu haben.

Gott? Egal!

Gott? Natürlich, es gab einen Gott. Ich war ja christlich aufgewachsen. Platz gab es für ihn in meinem Leben aber kaum, er wurde von der Musik übertönt. Erst als mein Vater für mich einen Vorstellungstermin vereinbarte, fand ich einen Job, aber nur für ein paar Monate. Auch das war mir egal. Musik und Party gingen vor! Eines Tages sagte meine Mutter zu mir: «Ich hab da ein Schreinerstelleninserat in den USA gesehen, fahr doch da hin.» – «Und was ist mit meiner Rapkarriere?», war mein erster Gedanke. Der zweite: «Ich geh doch − JMI geht dorthin, wo all seine Inspiration herkommt: Basketball und Rapstars.» Für 18 Monate ging ich in die Region von Seattle an der amerikanischen Westküste. 

Der stolze Muslim

In Seattle nahm mein gewohntes Leben in neuer Umgebung seinen Lauf: Partys und Musik, daneben etwas arbeiten. Bis an jenem Tag, als irgendwie alles begann. Ein Mitarbeiter fragte mich unvermittelt: «Bist du Christ?» Ich erinnerte mich an eine Situation in der Schule zurück. Damals stellte der Lehrer dieselbe Frage: «Wer ist Christ?» Ich schämte mich und kuschte. Der Lehrer: «Wer ist Muslim?» Mein Banknachbar stand auf und überkreuzte stolz die Arme vor seiner Brust. Irgendwie beeindruckte mich das.

Einige Wochen später lud mich derselbe Mitarbeiter in seine Kirche ein; er war der Pastor. In Gedanken sah ich eine Mega-Church mit riesigem Gospelchor. Ich willigte ein. Doch was ich antraf, war eine kleine Gemeinde, vor allem Mexikaner, vielleicht vierzig Personen, und ein leidenschaftlicher Pastor. Seine Passion erinnerte mich an die von mir verehrten Rapvorbilder – sie elektrisierte mich. Ich merke, wie Gott von jenem Moment an mein Herz zu verändern begann. Einen Bereich nach dem andern brachte er ans Licht – bis am Ende der härteste Brocken folgte: die Musik.

Und plötzlich war er da!

Auf dem Weg nach Hause trafen mich Pastor Santanas Worte wie ein Blitz: «Janic, wir Christen müssen aufpassen, was wir hören, anschauen und tun.» Nun war also die Musik dran. Zu Hause sackte ich zusammen, weinte bitterlich, legte die Musik im Gebet Gott hin und wurde ruhig. Die Einsicht war krass: Wenn bisher nicht Jesus meine Quelle der Inspiration gewesen war – und das war er auf keinen Fall –, dann musste ich einen Strich ziehen. Meine CDs, meine Vinyl-Platten, die Songs auf meinem PC – später sogar mein eigenes Album: Alles musste weg, sonst wäre meine Lebensentscheidung für mich zu wenig deutlich gewesen. Der absolute Tiefpunkt: Auch die Inspiration zum Rappen war weg. Seit der sechsten Klasse mein täglicher Begleiter, war sie nun einfach weg. Gott sagte einfach: «Gib die Musik mir und sei geduldig!»

Kurz darauf liess ich mich taufen. Und dann war er plötzlich da − der Heilige Geist. An jenem Morgen hatte ich eine andere Gemeinde besucht, auch hier nur Mexikaner. Das Einzige, was ich vom Gottesdienst mitbekam: «Und jetzt kommt die Zeit, in der wir von Gott empfangen.» In diesem Moment kam der Heilige Geist mit einer Kraft über mich, die mich zum Weinen und Zittern brachte. Nicht unangenehm, aber wuchtig. Von den Haarspitzen bis zu den Zehenspitzen durchfloss mich Wärme. Nie mehr habe ich den Heiligen Geist so physisch erlebt, doch seine Freude und sein Frieden sind meine ständigen Begleiter geworden.

Eine neue Realität

Die Hip-Hop-Welt mit Rappern wie Eminem oder Samy Deluxe war für viele Jahre meine Realität gewesen, doch immer deutlicher bemerkte ich, wie oft diese Stars schon kurz, nachdem sie etwas sagten, wieder etwas anderes behaupteten. Und ich entdeckte das Wort Gottes. Dieses war so «frech», von sich selbst zu behaupten, dass Himmel und Erde vergehen werden, doch es selbst werde bleiben. Die Bibel wurde zu meiner neuen, unumstösslichen Realität. Das war eine andere Bibel als jene aus meiner Kinderstube! Plötzlich sprach der Text zu mir und wurde für mich zu einer nie gekannten Quelle der Inspiration.

Nach einigen Monaten absoluter Rapfunkstille kam völlig unvermittelt meine Inspiration zum «Rhymen» zurück. Diesmal ungezwungen und unaufdringlich, dafür mit einer Tiefe und Kraft, die mich selbst überraschte. Mir schien klar, dass ich einen neuen Rappernamen brauchte. Doch Gott sagte: «Behalte den Namen, aber ändere den Inhalt.» Von nun an stand JMI für «Jesus, My Inspiration» (Jesus, meine Inspiration). Seither sprach Gottes Geist immer wieder zu mir, meistens leise und unaufgeregt,   durch die Bibel oder andere Menschen.

Die «ungewollte» Rückkehr

Inzwischen stand die Rückkehr in die Schweiz kurz bevor. Doch nichts zog mich zurück in mein altes Leben. In einem der nächsten Gottesdienste schaute der Gastprediger, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, mitten in seiner Predigt auf, deutete mit dem Finger auf mich und sagte mit fester Stimme: «Geh zu deiner Familie und zu deinen Freunden. Erzähl ihnen, was Gott für dich getan hat!» Deutlicher ging's wohl nicht mehr. Ich folgte dem Ruf und zog zurück zu meinen Eltern. Ein Einsatz beim christlichen Campanbieter Camp Rock half mir beim Wiederankommen. Und meine jetzige Stelle in der Administration von Campus für Christus bietet mir den nötigen Freiraum, mehr in meine Berufung hineinzuwachsen und wieder Musik zu machen. Diesmal von Herzen für den Herrn.

Mein Herzenswunsch ist, Christen zu ermutigen und eine Brücke zu Aussenstehenden zu schlagen. Mit meinen Raps will ich von Gott her den Menschen Leben zusprechen. Mein Publikum sind nicht die Menschen, sondern der Herr. Gott hat meine Selbstzentriertheit gegen seine Liebe ausgetauscht; er ist die Quelle des Lebens.

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Datum: 23.07.2016
Autor: Lukas Herzog
Quelle: Amen-Magazin

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